Schach und Matt

Schach und Matt

Zunächst einmal wünsche ich frohes Neues an alle Leserinnen und Leser!

Ja, einer meiner Vorsätze ist auch, euch zumindest alle 14 Tage mit neuem Lesestoff zu versorgen. Das müsste doch klappen, wäre doch gelacht. 🙂 Zu häufig lag mein Problem darin, überhaupt einfach mal mit dem Schreiben anzufangen. Aber dieses Problem hatte ich leider bei weitem nicht nur in Bezug auf meinen Blog glaubt mir besser.

Zu Jahresbeginn habe ich einfach mal bei Twitter gefragt, welche Themen meine Follower denn von mir beleuchtet haben möchten. Eine der ersten Antworten war kurz, prägnant und gleichermaßen Memorabel: „Schach.“ Also fangen wir doch gleich mal damit an.

Soll ja angeblich, man höre und staune, in Deutschland derzeit sogar einigermaßen in Mode sein:

Ja, der junge Mann ist mir tatsächlich wirklich sehr sympathisch. Wie weit Vincent Keymer es schachlich schafft, darüber mag ich natürlich gar nicht spekulieren, auf Weltklasseniveau entscheiden darüber oft so viele, anscheinend kleine, Faktoren. Wozu er aber definitiv fähig ist und was ich fast noch höher schätze, ist, ein Sympathieträger des Sports zu werden. Er tut dem deutschen Schach zweifelsohne sehr gut, Fans von Tennis und anderen Sportarten können bestimmt nachfühlen, wie wichtig das Vorhandensein einer solchen Identifikationsfigur für die breite Akzeptanz eines Sports ist,

Dann ist da andererseits natürlich noch die Netflix-Serie „Das Damengambit“, nach der ich selbst regelmäßig gefragt werde. Kein Spoiler: Ich bin selber erst gerade dabei, sie zu gucken. 🙂 Was ich bisher gesehen habe, gefällt mir allerdings ziemlich gut, und ich bin typischerweise kein Serien-Nerd. Schachlich hätte ich bislang nur anzumerken, dass einige „moderne“ Schacheröffnungen auch in den 1950-er Jahren schon nicht mehr wirklich modern waren und, dass selbst Schachmeister technische Standardendspiele nicht beherrschen, was man in der realen Schachwelt wohl kaum sehen dürfte – aber für filmische Standards ist das dennoch ziemlich akkurat dargestellt!

Ja, mir sind auch Beispiele von Filmen bekannt, in denen der Hauptdarsteller einen Turm diagonal zieht. Keine Namen hier! 🙂 Habe ich ehrlich gesagt auch vergessen.

Kunst, Wissenschaft, Sport?

Was soll ich zum Thema Schach in einem einzigen Blogpost wie diesen schreiben?

Die Regeln brauche ich vielen Lesern wohl nicht zu erklären (wenn Interesse besteht, tue ich das aber gerne persönlich versteht sich) und Schachkurse gebe ich als durchschnittlicher aller Durchschnitts-Vereinsspieler keine. Diese findet man aber auf jedem Niveau ohne längere Suche kostenlos online oder, wenn gewünscht, natürlich auch in Papierform.

Das einzige, was ich vielleicht hier zum Besten geben kann, ist mein persönlicher Werdegang, wobei dieser auch ziemlich unspektakulär daher kommt. Ich habe das Spiel erst seriös anfangen zu spielen, als ich zum 11. Geburtstag von meiner Nachbarin ein kleines Magnet-Schachbrett geschenkt bekommen habe, auf dem ich (damals noch) die Figuren sogar selber ziehen konnte. Ein Jahr später habe ich versucht, an meiner Schule eine Schach-AG zu gründen, auch wenn ich zugegebenermaßen selbst damals noch blutiger Anfänger war.

Dann begann ich wöchentlich mit einem anderen Nachbarn zu spielen, einem pensionierten Deutschlehrer, der hobbymäßig in einem kleinen (und nicht barrierefrei zugänglichen) Schachverein war. 2013 ist er, als ich bereits 700 km weit weg wohnte, verstorben, Ruhe in Frieden Herr Failer!

Mit 14 Jahren, später als eigentlich alle wirklich guten Schachspieler es tun, habe ich mich dann einem größeren Verein in der Nachbarstadt angeschlossen und mit 16 Jahren spielte ich meine ersten Ligaspiele. Die Phase rund um mein Abitur war im Nachhinein betrachtet wahrscheinlich meine beste und fanatischste Schachzeit, die im Spätsommer 2008, bereits in Münster, in der Teilnahme an meinem 1. Open (offenen Turnier, an dem auch damals einige Meisterspieler teilnahmen) gipfelte.

Beim selben Turnier im Jahr 2017 ist auch das Titelbild entstanden, geschossen von meinem Assistenten, gleichzeitig Hobbyfotograf. Eine Gelegenheit, bei der wir unsere Hobbys produktiv verbinden konnten.

Dann kam das Studium. Und ja, wie soll es anders sein, andere Dinge begannen mehr Platz in meinem Leben einzunehmen und die Leistungen im Schach stagnierten. Ich hatte noch Erfolgserlebnisse wie den Gewinn der Beelener Schachtage 2014, ausgerechnet in der heißen Phase meiner Masterarbeit eine sehr willkommene Abwechslung, aber sind wir mal ehrlich, wer sich in vielen Phasen nur alle 6 Wochen mal auf eine Ligapartie vorbereitet kann und darf auch nicht mehr erwarten, als auf mittlerem Hobbyniveau zu stagnieren.

Weltmeister Wladimir Kramnik (und andere Koryphäen des Schachs vor ihm) sehen das Schachspiel als eine faszinierende Schnittmenge von 3 Bereichen: Kunst, Wissenschaft und Sport

Sicherlich gibt es Menschen, die Schach unter allen diesen Aspekten betreiben. Das Spiel lässt sich sowohl künstlerisch als auch wissenschaftlich analysieren. Ich bin andererseits für mich ganz ehrlich: Für mich ist Schach lediglich Sport. Ich bin nicht gut genug, um die anderen Aspekte des Spiels ernsthaft zu erforschen.

Auch wenn ich finde, dass ich vor einer eventuellen Promotion im Fach Mathematik eine Spielstärke von 2000 DWZ erreicht haben muss – irgendwo gehört das einfach zum Fach finde ich.^^

Was in meiner Wahrnehmung übrigens auch Schach von Spielen wie Bridge oder Brettspielen unterscheidet: Schach ist für mich Sport, Bridge (was durchaus auch von vielen Menschen kompetitiv und sogar wissenschaftlich betrieben wird!) ist für mich ein Spiel.

Vielleicht ist das übrigens auch der Grund, weshalb mein Interesse am Schach entgegen der Allgemeinheit im Jahr 2020 leider nicht gestiegen ist. Wer kann schon von sich behaupten, im Jahr 2020 mehr Sport gemacht zu haben als sonst? 🙂

Formuliert FIDE-Regel 4.1 um!

Vielleicht fragen sich manche von euch, wie ich denn in der Liga und im Verein Schach spiele, wo ich die Züge nicht mit eigenen Händen ausführen kann. Dies führt mich direkt zu den offiziellen FIDE-Schachregeln, auch auf der Homepage des Deutschen Schachbundes abrufbar, in denen nämlich Folgendes explizit geschrieben steht:

Jeder Zug muss alleine mit einer Hand ausgeführt werden.

FIDE-Regel 4.1

Ich sage meinen persönlichen Assistenten die Züge an, sie führen für mich aus und ich bestätige kurz. Ganz offiziell ist das somit nicht erlaubt.

In der Praxis übernimmt manchmal, wenn die Assistenten mit den Felderbezeichnungen noch unsicher sind, auch mein Gegner freundlicherweise von sich aus auf meine Ansage hin die Züge. Oder ein Zuschauer oder Vereinskollege spielt, wenn es zeitlich eng wird.

Ich fände es jedoch gut, wenn dieses Verfahren auch offiziell in den Schachregeln erlaubt wäre. Wenn ich vor der Partie einen Vereinskollegen, ob er nun selber an einem anderen Brett spielt oder zuschaut, als Assistenten melden könnte.

Zuschauer gibt es nicht bei jedem Ligaspiel in der Verbandsliga oder niedriger und für den Großteil der Partie kann der persönlicher Assistent, den ich vorher in die Koordinaten des Schachbretts eingewiesen habe, die Züge machen lassen. Aber wenn in der kritischen Phase immer ein Vereinskollege da wäre, der offiziell übernehmen dürfte, würde ich meine Assistenten und eventuell auch den Gegner weniger damit belasten (ich würde anstelle des Gegners auch nicht immer in einer tiefen Denkphase gestört werden wollen).

Kritisch ist nämlich immer die Zeitnotphase. Blitz- oder Schnellschach spiele ich gar nicht (Schnelligkeit ist in keiner Disziplin meine größte Stärke), aber auch bei Turnierpartien, bei denen eigentlich insgesamt genug Zeit wäre (meistens 100 Minuten für die ersten 40 Züge pro Seite) legen es viele Schachspieler kurz vor dem 40. Zug wirklich darauf an. Ich muss zu meiner Schande gestehen, mich davon nicht auszunehmen und verständlicherweise hat das auch schon zu Unmut mit, speziell neueren, persönlichen Assistenten geführt.

Es tut mir an dieser Stelle, als einer, der inzwischen schon knapp ein Jahr kein Ligaspiel mehr gespielt hat, wirklich leid.

Zu meiner Ehrenrettung sei aber gesagt: Kaum ein Schachspieler, mich eingeschlossen, verliert eine Turnierschachpartie auf Zeit, wenn seine Stellung total gewonnen ist. Zeitüberschreitung passiert meistens nur, wenn man total verkrampft versucht, irgend einen Weg zu finden, etwas zu retten, was bereits seit langem objektiv gesehen nicht mehr zu retten ist.

Auch wenn ich ehrlich gesagt kaum noch seriöses Training betreibe, während einer Turnierpartie bin ich selbstverständlich noch fanatisch wie eh und je und voller Adrenalin. Ich spiele, um zu gewinnen und an dem Tag selber geht es um nichts anderes. Genereller Spaß am Spiel findet man dann vielleicht rückblickend, aber nicht an einem Spieltag, an dem man gerade verloren hat. Amateurfußballer zum Beispiel mögen mich nachempfinden. 🙂

Bis auf die oben zitierte Regel 4.1, wegen der es übrigens auch nur ein einziges Mal etwas Ärger gab und das war noch vor langer Zeit in meiner alten Heimat, habe ich Schach nämlich durchaus als inklusiven Sport wahrgenommen.

Es gibt unter anderem Blindenschach und die Behinderten-WM, außerdem kann man die Züge klar und normiert und ohne Interpretationsspielraum ansagen. Bei quasi allen Ligaspielen und Turnieren herrscht zwischen mir und der Turnierorganisation bzw. dem Gegner schon eine Art „Gentlemen’s Agreement“, die bisherige Handhabung zu erlauben.

Nein, ich habe absolut noch niemals geschummelt und wenn, dann würde ich auch vielleicht ein bisschen besser spielen. 🙂

Wer, vielleicht auch als Nebenwirkung der Lockdowns, Spaß am Schach gefunden hat: traut euch und geht in einen Verein! Schachspieler empfangen euch vielleicht nicht mit Blumen und Teegedeck und so, dafür sind wir meistens nicht so die Typen, wir beißen aber in der Regel auch nicht.

Bis auf einen Schachspieler, der vor vielen Jahren in meiner alten Heimat in die Notaufnahme gebracht wurde, weil sein Gegner (ein damals erwachsener junger Mann) nicht verlieren konnte und ihm versehentlich einen Turm ans Auge schleuderte – die Geschichte war noch 30 Jahre später der Running Gag im Verein. 🙂

Eine Beispielpartie

Was soll ein Blogpost zum Thema Schach oder eine einzige Schachpartie bitte sein? Ich weiß es nicht.

Um ehrlich zu sein, habe ich lange kein kompetitives Schach mehr gespielt und generell nur wenige Partien von mir gespeichert, vor allem nicht kommentiert. Diese habe ich damals für ein Schachforum, in welchem ich heute nicht mehr schreibe, kommentiert. Ich kann also nicht sagen, ob das jetzt wirklich eine der besten Partien von mir ist, aber ich habe gewonnen und ich erinnere mich an sie, das muss doch reichen!

Gespielt wurde die Partie am 16. Oktober 2014 beim Münsterland Open Schachturnier (dort spielt man innerhalb einer Woche 9 Partien, mega anstrengend aber ich liebe es). Assistiert in dieser speziellen Partie hat mich übrigens mein Vater. 🙂

Schreibe einen Kommentar